Was tun bei sexualisierter Gewalt?
- Die Schuld liegt allein beim Täter.
- Niemand hat das Recht, Ihre körperlichen, seelischen und sexuellen Grenzen zu verletzen.
- Sie haben jederzeit das Recht, „Nein“ zu sagen.
- Weder ihr Outfit, vorherige Flirts oder sonstige Äußerungen oder Handlungen Ihrerseits rechtfertigen das Verhalten des Täters.
- Anzügliche Blicke, unangenehme Berührungen oder andere sexuelle Handlungen gegen Ihren Willen müssen Sie sich nicht bieten lassen!
Alle Formen sexualisierter Gewalt können weitreichende Folgen für die Betroffenen haben. Sollten Sie sexualisierte Gewalt erlebt haben, bieten wir Ihnen in unserer Frauenberatungsstelle einen geschützten Raum, um über das Erlebte in aller Ruhe zu sprechen.
In der Beratung können Sie außerdem Informationen zu folgenden Themen erhalten:
Verarbeitung des Erlebten
- Selbstfürsorge
- medizinische Versorgung
- Anonymisierte Spurensicherung
- Rechtliche Möglichkeiten (Anzeige, Nebenklage, Psychosoziale Prozessbegleitung)
- weitere Unterstützungsangebote z.B. Traumatherapie
Achten Sie gut auf sich und darauf, was Ihnen in der folgenden Zeit gut tut. Das Geschehene ist häufig mit viel Scham besetzt, es kann dennoch sehr entlastend sein, eine Ihnen nahe stehende Person ins Vertrauen zu ziehen.
Erste Hinweise finden Sie auch in dem unten verlinkten Ratgeber zum Thema:
https://www.frauenhaus-dortmund.de/Frauenberatungsstelle- Dortmund/Veroeffentlichungen/Vergewaltigung-sexuelle-Noetigung/141114,1031,140842,-1.aspx
In akuten Notsituationen
- Die Bedürfnisse der Betroffenen stehen im Mittelpunkt! Achten Sie die Grenzen der Betroffenen.
- Wenn Sie unsicher sind wie Sie helfen können, fragen Sie nach, welche Unterstützung benötigt wird.
- Bringen Sie die Betroffene an einen Ort, an dem sie sich sicher fühlen kann.
- Versuchen Sie selbst ruhig zu bleiben, handeln Sie vorsichtig und überlegt.
- Schenken Sie der Betroffenen Glauben, vermeiden Sie Bewertungen, nehmen Sie die Ängste und Sorgen der Betroffenen ernst.
- Unternehmen Sie keine Schritte ohne Absprache und Einwilligung der Betroffenen.
- Drängen Sie die Betroffene nicht, über das Erlebte sprechen zu müssen.
- Stellen Sie nur die wichtigsten Fragen, um in der konkreten Situation agieren zu können (Name, Polizei ja/nein, Aufenthaltsort des/der Täter*innen, Verletzungen).
Begleitung im Alltag
- Begleiten Sie die Betroffene bei Bedarf zu wichtigen Terminen und vermitteln Sie ihr auf Wunsch Kontakt zu Unterstützungs- und Hilfeeinrichtungen.
- Respektieren Sie die Wünsche der Betroffenen. Nicht immer ist es hilfreich, eine Anzeige zu stellen oder über das Erlebte zu sprechen.
- Sexualisierte Gewalt stellt ein einschneidendes/traumatisches Ereignis im Leben der Betroffenen dar. Haben Sie Geduld, die Verarbeitung des Traumas kann eine lange Zeit in Anspruch nehmen und ist auch mit Rückschlägen verbunden.
- Sexualisierte Gewalt geschieht häufig im näheren Umfeld der Betroffenen. Solidarisieren Sie sich mit der Betroffenen und stellen Sie sich parteilich an ihre Seite.
- Erzählungen von Gewalt können schockieren und Gefühle von Hilflosigkeit, Wut etc. auslösen. Achten Sie auf Ihre eigenen Grenzen und Gefühle. Überfordern Sie sich nicht und ziehen Sie auch für sich selbst (professionelle) Hilfe in Betracht.
- Solidarisieren Sie sich mit den Betroffenen von sexualisierter Gewalt. Achten Sie darauf, dass die Schuld nicht den Betroffenen zugewiesen wird und sie nicht ausgegrenzt werden.
- Setzen Sie ein klares Zeichen und dulden Sie kein sexistisches und übergriffiges Verhalten in ihrem Umfeld.
- Informieren Sie sich über das Thema sexualisierte Gewalt und geben Sie mögliche Unterstützungsangebote an Betroffene weiter.
- Schaffen Sie sichere Räume für Betroffene von sexualisierter Gewalt.
- Entwickeln Sie in Ihren Einrichtungen Schutzkonzepte für Betroffene von sexualisierter Gewalt.
- Sollten Sie einen Übergriff beobachten, holen Sie Hilfe und achten Sie darauf, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen.
Was ist sexualisierte Gewalt?
Sexualisierte Gewalt ist ein Thema, über das seit den letzten Jahren zwar häufiger und auch öffentlicher gesprochen wird, ein wirklich offener und realitätsnaher Umgang damit ist aber längst noch nicht erreicht. Es muss von einer hohen Dunkelziffer nicht angezeigter Straftaten ausgegangen werden, da sexuelle Übergriffe vor allem im sozialen Nahbereich stattfinden, d.h. dort, wo Frauen sich am sichersten fühlen: in der Familie, in Partnerschaften und im Freundeskreis. Die Betroffene und der Täter kennen sich meistens gut, und eine nahe stehende Person anzuzeigen ist oft mit Hemmungen verbunden und die Meldequote somit entsprechend gering.
Sexualisierte Gewalt beginnt dort, wo Mädchen und Frauen in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt werden. Das ist bereits dann der Fall, wenn sie bestimmte Orte, Wege oder Situationen meiden müssen, um nicht beleidigt, belästigt oder bedroht zu werden. Bei sexualisierter Gewalt geht es nicht ausschließlich um die sexuelle Befriedigung des Täters, sondern Sexualität wird als Machtinstrument genutzt, um die andere Person zu erniedrigen und zu demütigen.
Oft haben betroffene Frauen das Gefühl, sie treffe eine Mitschuld an dem, was ihnen widerfahren ist, oder sie schämen sich dafür. Völlig unabhängig von ihrem Verhalten, ihrer Kleidung, ihrem Auftreten – die Schuld liegt allein beim Täter!
Zahlen und Fakten zu sexualisierter Gewalt
- Jede 3. Frau erfährt körperliche und/oder sexualisierte Gewalt nach dem 15. Lebensjahr
- Jede 7. Frau erlebt schwere sexualisierte Gewalt
- 60% aller Frauen erleben eine Form von sexueller Belästigung
- ca. 8000 angezeigte Vergewaltigungen pro Jahr
- Verurteilungen nur in 10% der angezeigten Fälle
- es gibt eine hohe Dunkelziffer
- nur 5% der Vergewaltigungen werden angezeigt
- sexualisierte Gewalt findet überwiegend im Nahbereich (im sozialen oder beruflichen Umfeld) statt
Sexualisierte Gewalt betrifft Frauen unabhängig von ihrem Alter, ihrem Aussehen, ihrer Kleidung, Nationalität oder Religion und kommt in allen gesellschaftlichen Zusammenhängen vor.
Formen sexualisierter Gewalt
- unangenehme, anzügliche Blicke, Gesten oder Äußerungen
- unangenehme (manchmal auch scheinbar zufällige) Berührungen
- Nötigung zu sexuellen Handlungen gegen den eigenen Willen
- Nötigung, sexuelle Handlungen zu beobachten
- Veröffentlichung oder Zusendungen von intimen Bildern oder Chatverläufen über digitale und sozialen Medien
- Vergewaltigung
Folgen sexualisierter Gewalt
Die Folgen sind individuell und sehr verschieden, außerdem von vielen Faktoren abhängig. Jede Frau entwickelt ihre eigenen Bewältigungs- und Überlebensstrategien nach einem sexuellen Übergriff
Die Beschwerden können Auswirkungen auf die sozialen, beruflichen und andere Lebensbereiche haben.
Mögliche Folgen von sexualisierter Gewalt können Leere, Verzweiflung, Schlaflosigkeit, Schuldgefühle, innere Unruhe, Schamgefühle, Vertrauensverlust, Angst, Trauer, Ekel, Wut oder Hilflosigkeit sein.
All dies sind normale Reaktionen des Körpers auf eine unnormale Situation. Sie helfen, in dieser Ausnahmesituation zu überleben. Sie sind nicht krank oder verrückt, wenn Sie die beschriebenen oder andere Symptome an sich erleben.